Von Sarajevo nach Jena - Busfahrer Almedin Mujezinovic findet in Thüringen seine neue Heimat


 

Am 3. Januar 2022 ist Almedin Mujezinovic zum ersten Mal in Deutschland Bus gefahren – und das nicht als Fahrgast. Der 35-Jährige stammt aus Bosnien und Herzegowina und arbeitet nun als Busfahrer beim Jenaer Nahverkehr. „Der Nahverkehr hier ist der Beste“, schwärmt er. Und damit ist nicht nur sein Arbeitgeber gemeint. „Sarajevo ist die größere Stadt, aber in Jena gibt es das größere Straßenbahnnetz.“ Diese Einschätzung beruht auf seiner jahrelangen Erfahrung als ausgebildeter Berufskraftfahrer und Verkehrstechniker.

Raus aus dem LKW - rein in den Bus

Beim LKW-Fahren sei man immer allein, deshalb tauschte er ab 2017 den LKW-Fahrersitz gegen das Buslenkrad. Die Arbeit beim städtischen Nahverkehr in Sarajevo erlaubte Almedin Mujezinovic außerdem mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Das Busfahren in der Stadt ist ihm daher nicht neu, aber die Arbeitsbedingungen seien in Jena viel besser. „Hier gibt es zum Beispiel auch bessere Fahrzeuge“, erklärt er.

 

Mit viel Geduld und IQ nach Deutschland

Die Entscheidung, nach Deutschland zu kommen, trafen Almedin Mujezinovic und seine Frau bereits 2018. Doch das Verfahren brauchte viel Zeit. „Das hat sehr lange gedauert. Im September 2018 haben wir bei der deutschen Botschaft einen Antrag gestellt, um überhaupt erstmal einen Termin zu bekommen.“ Aufgrund der pandemischen Situation hatte die Familie auch im Dezember 2020 noch immer Keinen. Stattdessen stornierte die deutsche Botschaft alle Anträge des laufenden Jahres und führte ab Januar 2021 das Losverfahren ein, bei dem man sich jeden Monat erneut bewerben musste. In seiner Not wandte sich Almedin Mujezinovic im Dezember 2020 schließlich an das IQ Netzwerk Thüringen und erhielt zunächst Unterstützung durch die Informations- und Beratungsstelle Anerkennung für Ostthüringen (IBAT Ost) in Jena. „Es war schwer, ein Arbeitsvisum zu bekommen. Mit der Berufsanerkennung ging es viel leichter, einen Termin bei der Botschaft zu bekommen. Frau Dr. Minonne von der IBAT hat mir sehr mit dem Antrag geholfen“. Gemeinsam mit dem IQ Projekt Fachinformationszentrum Einwanderung Jena und dem Welcome Center wurde die Einreise nach Deutschland vereinfacht.

Den Kontakt zum Jenaer Nahverkehr suchte Almedin Mujezinovic eigenständig. Ich habe mich in ganz Deutschland beworben, aber der Nahverkehr in Jena hinterließ gleich einen guten Eindruck: „Die waren sehr konkret und wussten genau Bescheid“. Nach einem Online-Vorstellungsgespräch entschied sich der Arbeitgeber innerhalb eines Tages dazu, Almedin Mujezinovic einzustellen. Aufgrund der Corona-Situation konnte der Bewerber jedoch nicht nach Deutschland einreisen, um eine Probefahrt anzutreten. Diese erfolgte erst ein Jahr später, im Mai 2021. „Danach bekam ich direkt meinen Arbeitsvertrag. Und so ging´s los!“ Sein Führerschein war in Deutschland nur für sechs Monate gültig, danach musste er erneut die Theorie- und Praxisprüfung absolvieren. Das ging jedoch problemlos.



Guter Einstieg beim Nahverkehr


Aufgeregt sei er nicht gewesen vor seinem ersten Arbeitstag. „Die Kollegen waren sehr nett, ich hatte eine gute Einweisung und ich kannte die Sprache gut“, erklärt der Busfahrer. Deutschland als neue Heimat hat sich die Familie nicht zufällig ausgesucht. „Als 1992 Krieg in Bosnien war, floh ich als Kind mit meinen Eltern nach Österreich. Dort haben wir vier Jahre gelebt und ich bin zur Schule gegangen und habe die Sprache gelernt.“ Nach dem Krieg ging die Familie zurück in die Heimat. „Wir hatten dann ein normales Leben in Bosnien“, berichtet er. Aber die wirtschaftliche und politische Lage sei sehr schlecht gewesen. Und das ist auch der Grund, für den Umzug nach Deutschland. „Fast 30 Jahre lang hat sich gar nichts geändert.
Aber ich habe mit meiner Familie beschlossen, etwas zu ändern. Also nicht so wie früher zu leben.“ Seine Sprachkenntnisse hat Almedin Mujezinovic nicht verloren. Auch während seiner Zeit als Berufskraftfahrer war er regelmäßig in Deutschland und hat Möbel aus Bosnien geliefert. „Es gibt viele Gemeinsamkeiten in der deutschen und bosnischen Sprache“, erklärt er. Berührungsängste hat er keine. „Ich kann mich gut mit der Leitstelle und mit Jedem verstehen.“ Probleme gab es anfangs nur mit dem Thüringer Dialekt. „Aber wenn ich etwas nicht verstehe, dann frage ich den Kollegen `kannst du das wiederholen´? oder ´Was bedeutet das Wort?´.“ Seine Kolleg*innen beim Jenaer Nahverkehr haben den Neuen im Team gut aufgenommen und der Arbeitgeber unterstützte die Familie bei der Wohnungssuche. „Ich hatte nicht geglaubt, dass es sowas gibt“, erinnert sich Almedin Mujezinovic dankbar.
An den neuen Tagesablauf habe er sich inzwischen auch gewöhnt. In Sarajevo fuhr er nur die Nachtschicht von 17:00 Uhr bis Mitternacht. In Jena ist er in allen Schichten tätig und fährt immer andere Strecken. Das störe ihn jedoch nicht, da er sehr gut eingearbeitet wurde. Sein Arbeitgeber hat ihm inzwischen die Möglichkeit eröffnet, zukünftig auch als Straßenbahnfahrer tätig zu sein.
Wünsche für die kommenden Jahre hat die Familie keine. „In Bosnien hatten wir nicht so viel wirtschaftliche Sicherheit wie hier. Deshalb konnte man keine Pläne machen“, erklärt er. Nur eines ist klar: „Wir wollen in Jena bleiben und sind hier sehr zufrieden. In Jena fühlen wir uns Zuhause.“

 

Auch der Jenaer Nahverkehr ist froh über den zugewanderten Mitarbeiter. Klicken Sie auf den Button, um mehr zu erfahren.

Übersicht

 

Dieses Beispiel entstand im Rahmen des IQ Netzwerks Thüringen im Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung (IQ)" in der Förderphase 2019-2022.

Vernetzt in Thüringen

Das Regionale Integrationsnetzwerk IQ Thüringen wird koordiniert durch das Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft e. V.
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